Den bekannten Skiort St. Anton am Arlberg dominieren naturgemäß Bauten für den Tourismus. Sieht man vom 1925 bis 1929 von Clemens Holzmeister (1886-1983) erweiterten Hotel Post ab, war die Gemeinde bis vor wenigen Jahren aber kein Magnet für Architektur-Interessierte. Doch die Austragung der Alpinen Ski Weltmeisterschaft 2001 bewirkte eine anhaltend positive Wende. Für die Abwicklung des Ereignisses wurden infrastrukturelle Einrichtungen von Niveau realisiert, es folgten weitere Initiativen im Hotel- und Wohnbau. Zu den für die Weltmeisterschaft geschaffenen Gebäuden zählen eine WM-Halle (Arlberg WellCom) der Architekten Dietrich/Untertrifaller, Bregenz (= Helmut Dietrich, Much Untertrifaller) sowie ein Zielstadion mit Zielhaus vom Architektenbüro Manzl.Ritsch.Sandner, Innsbruck (= Gerhard Manzl, Johann Ritsch und Manfred Sandner).
Letztere Architektengemeinschaft verwirklichte im Auftrag der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) auch den neuen Bahnhof von St. Anton am Arlberg. Seine Realisierung erfolgte vor dem Hintergrund einer Bahnhofsverlegung von der Ortsmitte an die südliche Talseite und eines zweigleisigen Ausbaues der Bahnstrecke. Um den hohen Ansprüchen an den Schallschutz gerecht zu werden, gestalteten die Architekten ein Gebäude, das lediglich als eine parallel zum Fluss Rosanna verlaufende Mauerscheibe wahrgenommen wird.
Nur wenigen ist bekannt, dass zwischen St. Anton am Arlberg, dem Bauen und dem Fremdenverkehr eine besondere Beziehung besteht. Es war nämlich eine Großbaustelle, die für die Entstehung der Zimmervermietung in dieser Gemeinde ausschlaggebend war. Denn der Bau des Arlbergbahntunnels von 1880 bis 1884 hatte zur Folge, dass der damals 900 Einwohner zählende Ort auf einen Schlag mit 3.000 „Fremden“ regelrecht überflutet wurde. 2.200 Bauarbeiter und weitere 800 im Zuliefergewerbe tätige Personen strömten aus allen Regionen der k.k. Monarchie hierher und bezogen Quartier, wo es nur ging. Fast in jedem Haus wurden Trennwände in die Zimmer eingezogen, die so entstandenen Räume mit Stockbetten bestückt und vermietet.
Nach dem Bauabschluss waren die Weichen für den eigentlichen Tourismus gestellt. In kurzen Abständen wurden mehrere Berghütten für die Vorreiter des modernen Alpinismus errichtet und um 1890 trafen die ersten Schiläufer aus Innsbruck und dem Bodenseeraum ein. Längst sind die kulturhistorischen Hintergründe für die Entstehung des intensiven Tourismusgeschäfts und seine sozialen Auswirkungen vergessen, denn der kommerzielle Erfolg des Fremdenverkehrs hält in St. Anton am Arlberg ungebrochen an.
Es sind aber auch große Sportveranstaltungen wie die Alpine Ski Weltmeisterschaft 2001, die für die Umsetzung weitsichtiger Bauvorhaben ausschlaggebend sind. Dazu gehörte in den Jahren 1998 bis 2001 die Verlegung des Bahnhofes aus der Ortsmitte an den südlichen Rand der Gemeinde. Der neue, von den Innsbrucker Architekten Gerhard Manzl, Johann Ritsch und Manfred Sandner entworfene Bahnhof befindet sich auf der dem Ort gegenüberliegenden Talseite. Er ist über eine ebenfalls neue Brücke über den Fluss Rosanna erreichbar. Für die Gestaltung des Bahnhofes war neben den bereits erwähnten Lärmschutzmaßnahmen seine Lage in einem 180 Meter langen Streckenbereich zwischen den östlichen bzw. westlichen Portalen von Arlberg- und Wolfgrubentunnel ausschlaggebend.
Es wurde hier nicht ein Bahnhofsgebäude im eigentlichen Sinn verwirklicht, sondern vielmehr eine begehbare Lärmschutzwand, in die die Funktionen einer Bahnstation integriert wurden. Die räumlich gedachte Wandscheibe enthält die in Richtung zum Ort geöffnete Bahnhofshalle. Die Fassadenfläche ist mit einem Stahlgewebe verkleidet. Auftreffende Geräusche werden nicht reflektiert, sondern auf dahinter montierten schalldämmenden Matten quasi „gefiltert“. Von der lichten, mit einer Glasfront versehenen Halle führt ein kurzer Stichgang zu den Bahnsteigen. Gerade in den Wintermonaten frequentieren viele Reisende die Bahnsteige bei Dunkelheit, weshalb hier großer Wert auf eine gute künstliche Beleuchtung gelegt wurde. Die eigentliche Qualität des Bahnhofsgebäudes liegt aber darin, dass es sich quasi mimetisch in das sensible optische Gefüge eines Tourismusortes einfügt. Einen wichtigen Beitrag dazu stellt auch die Brücke über die Rosanna dar, die in Form einer dünnen Linie realisiert wurde. Um diesen Bauteil des Bahnhofsgeländes möglichst zurückhaltend zu gestalten, wurden seine Geländer in transparentem Glas ausgeführt.