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Ganzjahreskrippe vom Schwazer Rokokomaler Christoph Anton Mayr (um 1750)

Christoph Anton Mayr, auch Stockinger genannt, war im 18. Jahrhundert einer der bekanntesten Maler des Tiroler Unterlandes. Um 1720 in Schwaz geboren und 1771 auch hier verstorben, wurde er vom ebenfalls aus der Region Schwaz stammenden Maler Johann Georg Höttinger ausgebildet. Später erhielt er wichtige künstlerische Impulse vom Hauptmeister des Augsburger Rokokos, Matthäus Günther, der 1743/1744 (bzw. 1751 nach einem Gewölbe-Einsturz) mit der Schaffung der Deckenfresken in der Stiftskirche Fiecht betraut war.

Es dürften wohl mehr als 20 Kirchen in Tirol, Salzburg und Südtirol sein, die Christoph Anton Mayr mit Fresken ausstattete. Daneben schuf er aber auch zahlreiche Ölgemälde, Kupferstiche und vor allem seine populären Ostergräber und Krippen. Mit der 525 Figuren umfassenden Ganzjahreskrippe Christoph Anton Mayrs besitzt die Stadt Schwaz ein einzigartiges Werk des vielseitig begabten Künstlers. Teile dieser um 1750 entstandenen Ganzjahreskrippe aus Papier sind im dortigen Museum Rabalderhaus ausgestellt.

Ostergräber von Christoph Anton Mayr haben sich in der Pfarrkirche Telfs, der Franziskanerkirche Schwaz und der Pfarrkirche Maria-Thal in Kramsach erhalten. Sie bestehen aus theaterähnlichen Kulissen und menschengroßen Figuren, die zusammen mit viel Blumenschmuck im Altarraum aufgebaut werden. Als weihnachtliches Pendant zu den Heiligen Gräbern sind die so genannten Bretter- oder Kulissenkrippen zu verstehen, die ebenfalls am bzw. vor dem Hochaltar aufgestellt werden. Ein hervorragendes Beispiel einer von Christoph Anton Mayr geschaffenen Kulissenkrippe befindet sich in der bereits genannten Pfarrkirche von Telfs, für die der Künstler auch eine Stall-Architektur schuf. Eine weitere Bretterkrippe – jedoch ohne Kulissen – besitzt das ebenfalls schon erwähnte Franziskanerkloster Schwaz. Dort befinden sich auch Fragmente einer Ganzjahres-Papierkrippe von Christoph Anton Mayr.

Ganzjahreskrippen sind ein spezifisches Genre der Krippenkunst. Im Unterschied zu den Weihnachtskrippen, die einzig von der Geburt Jesu handeln, berichten Ganzjahreskrippen über das gesamte Leben und Wirken Christi. Meistens wurden sie aus bemaltem Papier oder Karton hergestellt. Die Papierkrippen hatten im Verhältnis zu den Bretterkrippen einen wesentlich „handlicheren“ Maßstab. Doch wenn man bedenkt, dass von den zur Gänze erhalten gebliebenen Papierkrippen Christoph Anton Mayrs eine in Privatbesitz befindliche 180 Figuren umfasst und die der Stadt Schwaz 525, dann scheint der Platzbedarf für ihre Aufstellung wiederum beträchtlich gewesen zu sein. Ganzjahreskrippen wurden aber nie zur Gänze aufgestellt, sondern immer nur drei bis vier Szenen. Vergleichbar mit einer Theateraufführung wechselten dabei die Figuren ständig, wohingegen die Kulissen und Landschafts-Versatzstücke nur bei Bedarf verändert wurden. Je nach Abfolge der Feiertage konnte es auch vorkommen, dass eine biblische Szene nur für einen Tag (z.B. die Huldigung der Erdteile an den Namen Jesu) ausgestellt war, während andere Darstellungen über einen längeren Zeitraum präsentiert wurden.

Aus der Sicht der Kirche sind Ganzjahreskrippen Hilfsmittel, um die bei der heiligen Messe in lateinischer Sprache verkündete Heilsbotschaft anschaulich zu illustrieren. Das gilt vor allem für das Schwazer Beispiel, das ursprünglich in der Kapelle der Burg Freundsberg aufbewahrt wurde und aus 29 Szenen besteht: Geburt Jesu, Beschneidung und Namensgebung, Auf dem Weg zum Tempel, Der greise Simeon und die Prophetin Hanna, Die Hl. Drei Könige bei König Herodes, Anbetung der Könige, Flucht nach Ägypten, Der Zorn des Herodes und der Befehl zum Kindermord, Johannes der Täufer, Taufe Jesu, Der Teufel versucht Jesus in der Wüste, Hochzeit zu Kana, Der gute Hirte, Der verlorene Sohn und der barmherzige Samariter, Jesu Einzug in Jerusalem, Fußwaschung, Letztes Abendmahl, Jesus am Ölberg, Gefangennahme Jesu, Jesus vor dem hohen Rat, Jesus vor Herodes, Verrat des Petrus, Ende und Tod des Judas, Jesus vor Pilatus, Geißelung und Verspottung Jesus, Jesus vor Pilatus, Kreuzigung Jesu und Grablegung.
Christoph Anton Mayr malte seine Krippenfiguren – genauso wie die Menschen auf seinen Gemälden und Fresken – in einem einfachen Erzählstil. In seinen Darstellungen gelang es ihm, Volksnähe mit Treue zum vorgegebenen theologischen Programm zu kombinieren. Seine Figuren verfügen stets über einen kräftigen Körperbau und gestikulieren wie die Darsteller in einer Theateraufführung. Die Falten der von ihm gestalteten Gewänder sind scharfkantig und weit ausladend. Seine zügige, geradezu „locker“ wirkende Malweise wird von einem kräftigen Kolorit und gekonnt aufgesetzten Höhungen geprägt. Der schier unerschöpfliche Einfallsreichtum Christoph Anton Mayrs zeigt sich vor allem in Details wie Prunkkarossen, Sätteln und Baldachinen – oder wenn es darum ging, so etwas Außergewöhnliches wie ein Kamel oder gar den leibhaftigen Teufel darzustellen.

Tipp:
Zu den Hauptwerken des Schwazer Rokokomalers Christoph Anton Mayr (um 1720-1771) zählen v.a. die Fresken in den Pfarrkirchen Eben am Achensee (1738), Alpbach (1754), Leogang (1755) und Uderns (1771), ferner die Fresken der Ursulinenkirche in der Stadt Salzburg (1756), in der Kirche Maria Alm in Salzburg (1757) und in der Kirche St. Martin in Schwaz (1764).