Das Handwerk des Glockengusses hat eine lange Vergangenheit. Seine Besonderheit liegt darin, dass sich das Herstellungsverfahren von Glocken bis heute nur unwesentlich verändert hat. Der Glockenguss war bis ins 13. Jahrhundert ein rein klösterliches Handwerk. Erst durch den Zusammenschluss der Glockengießer zu einer eigenen Zunft entstand daraus ein Gewerbe. Die frühesten Glocken für Tirol stammten aus dem süddeutschen Raum, vor allem aus Nürnberg. Unter Kaiser Maximilian I. (Wiener Neustadt 1459-1519 Wels) siedelten sich im Raum Innsbruck für die Produktion von Geschützen Gießwerkstätten an, die nach und nach auch den Glockenguss übernahmen.
Im Jahre 1599 goss Bartlme Grassmayr in Habichen im Ötztal seine erste Glocke. Daraus entwickelte sich ein Familienunternehmen, das seit 1836 im Innsbrucker Stadtteil Wilten ansässig ist und bis heute Glocken in alle Welt exportiert sowie auch historische Glocken restauriert. Das Fachwissen der Firma und das Geheimnis ihrer Glockenkonstruktionen („Rippen“) werden seit vier Jahrhunderten sorgfältig gehütet und immer wieder vom Vater auf den Sohn vererbt – als eine Tradition, die über 14 Generationen erhalten blieb.
Am Beginn des Produktionsprozesses des Glockengusses steht eine so genannte „Rippe“. Dabei handelt es sich um ein Buchenbrett, das als Schablone für das Profil der zukünftigen Glocke dient. Form und Größe der Rippe werden nach dem gewünschten Ton, ferner dem Durchmesser und dem Gewicht errechnet. Die Schablone wird entlang der inneren Kontur ausgeschnitten und an einer Spindel drehbar befestigt. Der Schablone folgend, wird nun der erste Teil der Glockenform mit Ziegeln aufgemauert. Darauf wird mit Zusätzen (Pferdemist, Stroh) vermengter Lehm von Hand aufgetragen. Durch den Hohlraum kann die Kernform von innen heraus beheizt werden, um auszutrocknen und gebrannt zu werden. Diese Arbeitsgänge werden mit immer feinerem Lehm so lange wiederholt und mit der Schablone rundherum abgestrichen, bis ein glatter, die Schablone genau ausfüllender Kern („falsche Glocke“) entstanden ist. Er entspricht der innen liegenden Form der Glocke, wohingegen der nachfolgend gefertigte, ebenfalls aus Lehm bestehende „Mantel“ ihrer äußeren Form entspricht. Beim eigentlichen Glockenguss wird die auf über tausend Grad erhitzte Bronze (eine Metall-Legierung, bestehend aus ca. einem Drittel Zinn und zwei Dritteln Kupfer) in den entstandenen Zwischenraum zwischen „falscher Glocke“ und „Mantel“ gegossen. Ein langsames Erkalten des Metalls erhöht die Klangqualität der Glocke.
Das „Musikinstrument“ Glocke hat einen besonderen Klang, der dadurch hervorgerufen wird, dass sie durch das Anschlagen mit einem ebenfalls aus Metall bestehenden Klöppel in Eigenschwingungen versetzt wird. Auch wenn jede Glocke über ihre ganz individuelle Tonhöhe und Harmonie verfügt, setzt sich ihr Klang aus nichtharmonischen Teiltönen zusammen – wobei eben dieses Zusammenwirken (bei großen Glocken bis zu 50 verschiedene Töne) den unverwechselbaren Klang einer Glocke ausmacht.
Rein optisch bestehen Glocken aus einer hohlen, meist konkav gewölbten Form. An ihrer geschlossenen Oberseite werden sie meistens mit so genannten „Glockenkronen“ ausgestattet, die zur Verankerung im Glockenstuhl eines Kirchturmes oder, im Fall von kleineren Glocken, zur Befestigung an ihrer Aufhängung dienen.
Tipp: Die Firma Grassmayr Glockengießerei in Innsbruck, Leopoldstrasse 53, führt auch ein Glockenmuseum, das besichtigt werden kann.