Es gibt Heilige, die in bestimmten Epochen öfter abgebildet wurden als in anderen. Der hl. Johannes von Nepomuk ist ein typisches Beispiel dafür, weil sein Abbild nie so oft zur Darstellung gelangte wie in der Ära des Tiroler Spätbarocks des 18. Jahrhunderts. Der Grund für die sprunghafte Zunahme an Johannes-von-Nepomuk-Bildern und -Skulpturen war die Heiligsprechung des in Böhmen wirkenden Geistlichen im Jahr 1729.
Oft waren es aber auch bestimmte einschneidende Ereignisse, die dazu führten, dass einzelne Heiligengestalten öfter wiedergegeben wurden als zu anderen Zeiten. Z.B. wurden die beiden Heiligen Rochus und Sebastian in Zeiten der Pest besonders oft dargestellt. Der hl. Rochus ist der Patron der Pestkranken, weil er viele Pestkranke aufopfernd pflegte. Der hl. Sebastian ist der zweite wichtige Pestheilige, weil nach der Legende im Jahr 680 aufgrund seiner Fürbitte in Rom die Pest erloschen sein soll.
Im Unterschied zu diesen Patronen gegen Seuchen und Krankheiten ist der hl. Johannes von Nepomuk vor allem als Schutzmacht gegen Wassergefahren und als Patron der Schiffer und Flößer bekannt. Dass der Heilige aber vor allem auch der Fürsprecher der Beichtväter und Priester ist, ist dagegen weniger geläufig.
Der Heilige Johannes von Nepomuk ist der Landespatron Böhmens und Bayerns, weil er aus einer deutschstämmigen Familie kam, aber eigentlich in Prag sein Leben verbrachte. Er dürfte um 1350 geboren worden sein und starb 1393 in der Hauptstadt des damaligen Böhmen den Märtyrertod. Sein tschechischer Name lautet Jan Nepomucký.
Ursprünglich hatte Johannes von Nepomuk Rechtswissenschaft studiert, bevor er 1380 zum Priester geweiht wurde. Er fungierte als Generalvikar des damaligen Bischofs von Prag, der 1393 mit dem böhmischen König Wenzel IV. (1361-1419, 1376-1400 Römischer König) in Streit geriet. Eine Version der Überlieferung besagt, dass sich Johannes von Nepomuk in den Streit einmischte und deshalb den Märtyrertod erleiden musste. Dafür, dass Johannes von Nepomuk 350 Jahre nach seinem Tod heilig gesprochen wurde, war schließlich aber eine andere Version der Legende ausschlaggebend: Nach dieser Erzählung war es nämlich nicht der Konflikt zwischen Kirche und Staat, sondern der Umstand, dass sich Johannes von Nepomuk weigerte, das Beichtgeheimnis zu brechen. Er soll nämlich dem König nicht preisgegeben haben, was ihm dessen Frau in der Beichte anvertraut hatte. Das soll Wenzel IV. derartig erzürnt haben, dass er Johannes von Nepomuk gefangen nehmen, foltern und anschließend von der Karlsbrücke ins Wasser stoßen ließ. Der Bischof veranlasste seine Beisetzung im Prager Veitsdom. Bald darauf wurde er als Märtyrer verehrt. Sein heutiges Grabmal wurde aber erst 1733 bis 1736 von Joseph Emanuel Fischer von Erlach (1693-1742) neu gestaltet. Das kunsthistorisch bedeutende Hochgrab besteht aus 16,5 Tonnen Silber und entstand in Folge der Heiligsprechung von Johannes von Nepomuk.
Erst aus diesen Zusammenhängen erschließt sich, warum Johannes von Nepomuk als „typischer Brückenheiliger“ oder als Fürsprecher gegen Wassergefahren gilt. In bildlichen Darstellungen ist er – als Nachbildung seines 1683 auf der Prager Karlsbrücke errichteten Standbildes – meistens mit einem Kreuz in einer Hand und in Köperhaltungen wiedergegeben worden, die auf seine Verschwiegenheit verweisen (mit Blick auf den Boden, einer Hand vor den Mund, etc.). Besondere Merkmale der Johannes-von-Nepomuk-Bilder und -Figuren sind ferner seine Kleidung als Priester und der Heiligenschein, der fünf Sterne aufweist. Im Barock setzte sich die Kleidung eines Priesters aus einem schwarzen Talar, einem weißen Rochett, einer braunen Almutia (meistens mit Hermelinbesatz) und einem ebenfalls schwarzen Birett zusammen. Die fünf Sterne am Heiligenschein stehen für die fünf Buchstaben des Wortes „tacui“, lateinisch für „ich habe geschwiegen“.
Besonders reizvolle Johannes-von-Nepomuk-Figuren können u.a. in Fulpmes bei der Schlickerbrücke, in Scharnitz an der Schrafflbrücke und in Wattens bei der Wattenbachbrücke besichtigt werden. Alle Skulpturen wurden im Verlauf des 18. Jahrhunderts geschaffen, befinden sich heute aber in Bildstöcken oder Bildnischen, die aus dem 20. Jahrhundert stammen. Dieser Anachronismus zwischen Figuren und Bildstöcken ist in Tirol nicht ungewöhnlich. Er ist vielmehr ein Hinweis auf die ununterbrochene Verehrung einer Heiligengestalt, wozu auch die Pflege ihrer „Behausung“ gehört. Es ist auch der Grund dafür, dass man überall im Land auf Bildstöcke treffen kann, vor denen Kerzen brennen oder die mit frischen Blumen geschmückt wurden.