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Memento mori-Objekte aus Osttirol – mors certa hora incerta  (ab 1600)

Die Sprüche „Mors certa hora incerta“ („Der Tod ist gewiss, seine Stunde ungewiss“) oder „Memento moriendum esse“ („Bedenke, dass Du sterben wirst“) sind untrennbar mit dem Lebensgefühl in der Ära des Barock verbunden. Das Denken an den Tod fand nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) und somit vor dem Hintergrund der massiven Präsenz des Todes im gesamten deutschsprachigen Raum weite Verbreitung, es entsprach aber auch dem barocken Denken mit seiner Antithetik, dem gemäß Gegensätze wie größte Lebensbejahung und Todessehnsucht, zugleich aber auch das wechselseitige Verhältnis von Sein und Schein, Ernst und Spiel usw. untersucht und dargestellt wurden.

Auf dem Gebiet der bildenden Kunst manifestierte sich dieses Gedankengut besonders anschaulich. Viele Hinweise auf die Vergänglichkeit allen irdischen Lebens, so genannte Vanitas-Symbole, lassen sich aber auch im religiösen Brauchtum ausmachen. In diesem Zusammenhang wird man vor allem in Tiroler Klöstern fündig, weil in den Ordensgemeinschaften der profanen Sinnesfreude gerne ein „Memento mori“ entgegengesetzt wurde.

Der Vanitas-Gedanke und der in der bildenden Kunst als „Memento mori“ bezeichnete Komplex gehen auf die Philosophie der griechischen Stoiker zurück, erfuhren aber im Spätmittelalter in Verbindung mit der im christlichen Glauben verankerten Lehre von der Vorbereitung auf den Tod bzw. der Erlangung eines Lebens im Himmelreich eine Renaissance. Nachdem im Mittelalter auf dem Gebiet der bildenden Kunst das „Memento mori“ in den Totentanz-Abbildungen seinen besten Ausdruck fand, entstanden im Spätmittelalter vor allem lehrhafte und zum Teil bebilderte Erbauungsschriften. Z.B. erschien im 15. Jahrhundert ein Buch, betitelt mit: „Ein ABC, wie man sich schicken sol, zu einem kostlichen seligen tod“ (Johannes Gerson, 1408, deutsche Übersetzung durch Johann Geiler von Kaysersberg, 1497).

Im später folgenden Barock erfuhr der gesamte Bereich der „Ars moriendi“ („Kunst des Sterbens“), geprägt vom Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), Seuchen und der Angst vieler Gläubiger vor einem unvorbereiteten Tod, einen Aufschwung. Das führte dazu, dass sich aus dieser Epoche gerade in den Tiroler Klöstern viele Kleinkunstwerke erhalten haben, die den Vanitas-Gedanken bei den Mitbrüdern bzw. Mitschwestern wach halten sollten.

In den meisten Fällen umfassen solche Sammlungen neben allen zum Thema gehörenden Werken in den Sakristeien der Klosterkirchen auch solche Objekte, welche die Ordensleute in ihrer Zelle aufbewahrten und die eher dem brauchtümlichen Kunstschaffen zuzurechnen sind, u.a. kleine „Tödleins“, Sanduhren, Totenköpfe, kleine Särge mit Skeletten.

In diesem Zusammenhang stellen „Tödleins“ eine ganz besondere Kunstgattung dar. Das sind authentisch gefertigte Miniatursärge von ca. 10 Zentimeter Länge. Manche von ihnen lassen sich mithilfe einer Feder aufklappen und es springt ein kleines Tödlein mit der Sense heraus. Andere Tödleins bestehen aus sorgfältig gearbeiteten Holzsärgen, die über keinen Mechanismus verfügen. Wenn man den Deckel abhebt, ist ein geschnitztes Tödlein zu sehen. Solche Objekte sind schon im 17. Jahrhundert entstanden.

In einem Kloster in Lienz befinden sich zwei wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert stammende Totenköpfe aus gefasstem Holz, die auf gekreuzten Knochen aufliegen und deren Zähne aus Elfenbein gefertigt sind. Daneben haben sich noch weitere Totenkopf-Exponate erhalten, darunter einer mit der Aufschrift: „Des Menschen Leben ist ein Traum, Man stirbt schon und man lebte kaum. Dein Ende o Mensch bedenke doch / Bekehre und bessre dich jetzt noch.“

Natürlich gehören zu jeder „Memento mori“-Sammlung auch Sanduhren aus unterschiedlichen Materialien und in verschiedener Größe. Sie nehmen in Verbindung mit dem Thema deshalb einen bedeutenden Stellenwert ein, weil in früheren Zeiten die Zeitmessung als hohe Kunst galt und weil im Unterschied zu allen anderen bekannten Uhr-Typen bei der Sanduhr das Verrinnen von Zeit so deutlich sichtbar gemacht werden konnte. Ganz dem Psalm 90, Vers 12, entsprechend, waren die meisten Sanduhren auf Schreibtischen und Lesepulten abgestellt: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“

Unter den „Kuriosa“ (Sonderbarkeiten) der Vanitas-Sammlungen finden sich auch so genannte „Eingerichte“. Dabei handelt es sich um Glasflaschen oder Glasstürze (die meisten von ihnen haben eine maximale Höhe von ca. 25 cm), die mit verschiedenen Inhalten ausgestattet wurden. Zu den häufigsten „Einrichtungen“ in bzw. unter den Gläsern gehören Kreuzigungs-Szenen oder Symbole für die Leidenswerkzeuge Christi (Kreuz, Nägel, Lanze).