In Tirol haben sich zwei außergewöhnliche Heilige Gräber erhalten, nämlich jene der Pfarren Stanzach im Außerfern und Pettneu am Arlberg, die beide über Bestellungen aus Versandkatalogen an ihre Bestimmungsorte gelangten. Von weiteren derartigen Heiligen Gräbern in Brixen im Thale und Bach sind nur noch Teile erhalten.
Normalerweise wurden Heilige Gräber bei regional tätigen Malern in Auftrag gegeben, deren Namen manchmal in den Rechnungsbüchern der Kirchen überliefert sind. Doch im Unterschied zu diesen aufwändig hergestellten „Einzelstücken“ kamen im Zuge der industriellen Revolution im späten 19. Jahrhundert auch solche auf, die nach einem gleich bleibenden Gestaltungsschema in höheren Auflagen produziert wurden. Diese Heiligen Gräber wurden u.a. von der Firma Zbitek im böhmischen Olmütz (heute: Olomouc) gefertigt und z.B. als „Transparentes Glas-Mosaik-Grab“ vertrieben. Die Vermarktung erfolgte über Kataloge und Zeitungsinserate. Daneben gab es mit der „Kirchlichen Kunstanstalt“ Adolf Vogl in Hall in Tirol auch in Tirol einen Produzenten für Heilige Gräber „von der Stange“. Das Unternehmen gab in seinen Katalogen an, seine Heiligen Gräber seien „vorzüglich billig, dauerhaft leicht zum Aufstellen und Aufbewahren“.
Die „konfektionierten“ Grabaufbauten bestanden aus vorgefertigten Teilen, die durch kleine Veränderungen oder Zusätze den individuellen Wünschen der Auftraggeber angepasst werden konnten. Das für die Gestaltung eines „Transparenten Glas-Mosaik-Grabs“ verwendete Glas wurde wahrscheinlich von der Gablonzer Glasindustrie (heute: Jablonec nad Nisou) erzeugt. Diese Glashütte bestand seit dem 16. Jahrhundert und war von deutschen Einwanderern gegründet worden. Die deutschen Glashersteller siedelten sich in Nordböhmen an, weil dort für die Herstellung von Glasmasse in großen Mengen Holzkohle bereitstand (auch die Gründer der Tiroler Unternehmen Riedl Glas und Swarovski stammen von ursprünglich in Gablonz ansässigen Familien ab). Im Verlauf des 18. Jahrhunderts stiegen die Gablonzer auf die Produktion von Edelstein- und Perlen-Imitaten um, die in Heimarbeit zu Schmuck weiterverarbeitet wurden. Gablonzer Schmuck besteht aus „Unedelmetall“, d.h. er wurde aus einer Blei-Zinn-Legierung im Spritz- oder Schleudergussverfahren hergestellt. Die Weiterverarbeitung des bunten Glases zu Heiligen Gräbern erfolgte allerdings in Olmütz.
Das Heilige Grab in der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt am Westende von Pettneu-Dorf wird auf einem Holzgerüst aufgebaut, wodurch es den Chorraum annähernd ausfüllt. Es besteht aus folgenden Teilen: einem Antependium mit einer Öffnung für den Leichnam Christi, die von einem geschwungenen Bogen nach oben abgeschlossen wird. Im Bereich darüber befindet sich eine Mitteltafel, auf der als Zeichen des Alten und des Neuen Bundes eine Bundeslade mit dem hebräischen Schriftzug „Jehova“ und ein stilisiertes Kreuz Christi dargestellt sind. Beide Elemente werden von zwei Cherubim flankiert. Über den Querbalken des Kreuzes hängt ein ebenfalls stilisiertes Leichentuch Christi, der untere Längsbalken ist von einem Strahlenkranz umgeben, der zusätzlich mit Blumenmotiven verziert ist. Die Bundeslade kann geöffnet werden. Das dient dazu, am Karfreitag das Allerheiligste auf der Bundeslade auszusetzen.
Der Mittelteil der Grabinszenierung wird von einem Architrav eingerahmt, der sich aus kannelierten ionischen Säulen und einem Querbalken zusammensetzt. Auf den Säulenbasen wurden die Leidenswerkzeuge Christi abgebildet, in der Mitte der Säulenschäfte jeweils das Christusmonogramm „IHS“. Auf dem Querbalken befindet sich neben weiteren Leidenswerkzeugen der Schriftzug „Sein Grab wird glorreich sein“. Über dieser Inschrift erscheint in der Osternacht eine Figur des Auferstandenen. Dann umgibt ihn ein bunt schimmernder Lichtkranz. Links und rechts neben dem Altar werden römische Soldaten in Rüstung aufgestellt. Ihre Gesichter wurden – genauso wie die Köpfe und Hände der Cherubim – auf Flachglas gemalt. Das heilige Grab von Pettneu besteht aus tausenden von bunten Glassteinen und -perlen, die auf schwarzen Karton aufgenäht wurden. Der besondere optische Effekt dieses Heiligen Grabes besteht aber darin, dass die Steine von hinten elektrisch beleuchtet werden können.
Das Heilige Grab wurde wahrscheinlich vor dem Jahr 1900 von der Pfarre bzw. der Gemeinde Pettneu am Arlberg für einen Preis von ca. 16.700,- Kronen angekauft.