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Porträtfotografie im Sonnenlicht (um 1938)

Als Leiter des Bundessportheims traf Stefan Kruckenhauser in St. Christoph am Arlberg immer wieder mit bekannten Persönlichkeiten aus dem Sport- und Kulturleben zusammen. Er nutzte die Gelegenheit, viele von ihnen mit der Kleinbildkamera zu porträtieren.

Der fotografische Nachlass Kruckenhausers im Tiroler Kunstkataster beinhaltet unter anderem Porträtserien des bekannten Schipioniers Hannes Schneider (1890-1955) oder von erfolgreichen Schirennläufern der Zeit wie Otto Furrer, Friedl Pfeifer und Rudi Matt. Porträts der besten Schilehrer und -demonstratoren sind darin zu finden, ebenso von Mitgliedern der staatlichen Schilehrer-Prüfungskommission oder von Maurice Besset, nach 1945 Leiter des französischen Kulturinstituts (Institut Français) in Innsbruck.

Allen diesen Fotoporträts ist gemeinsam, dass sie in bewusster Absicht nicht im Fotostudio mit künstlicher Ausleuchtung, sondern in natürlichem Tageslicht aufgenommen sind. In dieser Zeit gilt in manchen Fachkreisen der Fotografie die Devise, dass für ein Porträt das Charakteristische einer Person im Tages-, vor allem im Sonnenlicht, besser zum Tragen käme.

Die Fotografie mit der Kleinbildkamera – und vor allem die Erfindung der perforierten Filmrolle mit ihrer raschen Bildabfolge – führten zu einer Neuorientierung. Von da an gelten als die neuen Ziele der Fotografie Bildschärfe, Klarheit des Themas und fotografische Exaktheit. Diese Kriterien kommen gerade der Porträtfotografie sehr zugute.

Ziel eines Porträtfotos ist es, die Individualität einer Person und deren Wesenszüge im Bild festzuhalten. Außerdem soll das entstandene Foto dokumentarisch den dargestellten Menschen wieder erkennbar machen. Bei Studioaufnahmen versucht der Atelierfotograf – mit gezielter künstlicher Be- und Ausleuchtung – diesen Anforderungen gerecht zu werden. Außerdem stellen sich beide Beteiligten vor und hinter der Kamera meist bewusst auf die Aufnahmesituation ein.

Im natürlichen Tageslicht ist der Fotograf mit Problemen, die durch wechselnde Gegebenheiten entstehen, konfrontiert. Sowohl die Lichtverhältnisse als auch Position, Körperhaltung und Ausdruck der porträtierten Person können sich rasch ändern. Um diese Schwierigkeiten zu lösen, also das natürliche Licht optimal zu nutzen und die Aufnahmesituation in den Griff zu bekommen, werden in Anleitungen zu Freilichtporträts mit Kleinbildkameras aus den 1930er-Jahren Aufnahmen in Serie empfohlen. Aus diesen Serien kann man dann die günstigste und ausdrucksstärkste Ansicht mit der besten Lichtführung wählen. Was aus heutiger Sicht selbstverständlich klingt, war in den ersten Jahren der Kleinbildfotografie innovativ und experimentell.

So schildert auch Stefan Kruckenhauser seine mühevollen Erfahrungen in der Porträtfotografie und gesteht 1937 ein, noch weit entfernt davon zu sein, aus der Leica herauszuholen, was möglich wäre. Er beschreibt seinen Hang zu langen Kameraeinstellungen, die dann die Natürlichkeit im Ausdruck des Porträtierten verhindern. Er stellt fest, dass vielfach nur jene Porträts gelungen seien, bei denen die dargestellten Menschen ihn gut gekannt hätten. Als idealen Hintergrund wählt er das „Blau eines Wintersonnentages“, das sich in der Schwarzweiß-Fotografie als Grauton aber nur dann vom Porträt abhebt, wenn die entsprechenden Filter verwendet werden.

„Am meisten steh‘ ich mir wohl selbst im Wege, schneller zu werden, weil ich fast nicht zu bewegen bin, für Kopfaufnahmen meinen Arbeitsgrundsatz des Formatfüllens aufzugeben. Ich habe immer noch den Fimmel, die Schädel groß ins Format zu zwängen, dabei hört aber meist der reine Schnappschuß auf. […] Die Köpfe füllen fast immer auch das Negativ schon so, wie es die Bilder zeigen, was ein Vergrößern auf ansehnliche Formate ohne viel Detailverlust gut möglich macht. Und gerade auf dieses Erhalten der Einzelheiten kommt es mir bei den Köpfen an, bin ich ja geradezu verliebt in die klare Wiedergabe der Hautstruktur […]“ (Kruckenhauser, Du schöner Winter in Tirol, Berlin 1937, S. 26).