Die Winterbilder aus der Arlbergregion, die der Fotograf Stefan Kruckenhauser (1905-1988) mit der Leica-Kleinbildkamera festhielt, waren geradezu prädestiniert, die Schönheiten des Winters und die Freude am Schilauf vor Augen zu führen. Seine Bildersprache wurde maßgeblich für viele nachfolgende Bergfotografen. Seine Fotos und Anleitungsbücher aus den späten 1930er-Jahren haben dazu beigetragen, die optische Wahrnehmung – vor allem von Landschaft – einer ganzen Generation zu prägen.
Gerade seine minutiös komponierten Fotoaufnahmen von Schispuren beeindrucken auch heute noch den Betrachter. Die weiße Oberfläche des Schnees bildet den idealen Hintergrund für „Wedelzöpfe“ im Tiefschnee oder endlos scheinende Spuren im glänzenden Firnschnee. Es entsteht der Eindruck von Leichtigkeit, von fast spielerischem Umgang mit dem Schnee und dem Berg. In ihrer Entstehungszeit wirkten sich diese Bilder nicht zufällig sehr positiv auf den Tourismus am Arlberg aus, der die Begeisterung für den populären Schilauf als für Jedermann leicht zu erlernende und auszuübende Sportart propagierte.
Kruckenhauser greift in seiner Bildsprache auf ästhetische Kriterien zurück, die der Bergfilmpionier Arnold Fanck (1889-1974) bereits in seinen Filmen in den 1920er-Jahren umgesetzt hat („Die weiße Kunst“, 1924). Fanck entwickelte diese Neuerungen vor allem durch seine Zusammenarbeit mit dem Schipionier Hannes Schneider (1890-1955), der durch seinen Fahrstil neue Standards in der Ästhetik des alpinen Schifahrens setzte. Durch Schneiders stilsichere Fahrweise ließen sich die Bewegungsabläufe besser auf Film oder Fotografie übertragen.
Durch diese ästhetischen rhythmischen Bewegungsabläufe können gleichmäßige Schispuren in den Schnee gezogen werden. Der Schi zeichnet die Bewegung in Form einer Spur und der Schifahrer verwandelt auf diese Weise die Schneelandschaft in einen dynamischen Raum. Mit seinen Bewegungen beschreibt der Schiläufer Formen und Oberflächen, die im Schnee grafisch nachvollziehbar bleiben.
Diese Möglichkeiten und Eigenschaften macht sich Stefan Kruckenhauser zunutze. Weite und unberührte Schneehänge am Arlberg dienen ihm als Zeichenflächen, in die alle möglichen Muster und Linien durch den Schiläufer eingetragen werden können. So wie Fanck entwirft und plant auch Kruckenhauser solche Schneezeichnungen. Er weiß zu beachten, dass jede Kurve und jede Spurtiefe die Oberfläche des Schnees auf eigene Art und Weise verändert und damit auch Auswirkung auf das Foto hat. Ebensolchen Einfluss auf das fotografische Ergebnis hat das fahrtechnische Können der Schiläufer, die den Anforderungen und Anweisungen Kruckenhausers auch bei wechselnden und schwierigen Schneeverhältnissen gerecht werden sollen. Deshalb engagiert der Fotograf dafür auch nur die besten Schilehrer am Arlberg.
Auf diese Weise entstehen kunstvoll komponierte und spektakuläre Bilder mit überraschenden Lichteffekten: „Für mich hieß es, die einmalige Gelegenheit, die Schwungspuren solcher Könner zu erwischen, auszunutzen und zu versuchen, sie mit der Kamera bestmöglich festzuhalten, trotz des steilen Lichts. Es kam darauf an, die Spuren so klar als möglich herauszubringen; […] Und der Enderfolg war, daß ich mich dann genau wie die Filmer freuen konnte, daß die Spuren sich schön abhoben“ (Kruckenhauser, Du schöner Winter in Tirol, Berlin 1937, S. 22).