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Schutzhaus Berliner Hütte im Zillertal – Dem Sturme Trutz, dem Wanderer Schutz (ab 1879)

Als die Sektion Berlin des Deutschen Alpenvereins im Jahr 1879 den Bau der ersten Berliner Hütte in Angriff nahm, ahnte niemand, dass sie sich mit den Jahren zu einer der bekanntesten im ganzen Alpenraum entwickeln würde.

Parallel zum ständig steigenden Platzbedarf an Bewirtungs- und Übernachtungsmöglichkeiten wurde das Schutzhaus schrittweise erweitert und nahm schließlich den Charakter eines architektonisch gestalteten Bauensembles an. Die im Vergleich mit „gewöhnlichen“ Berghütten außergewöhnlich komfortable Ausstattung der Berliner Hütte, der konsequente Ausbau ihrer gastronomischen und technischen Infrastruktur und nicht zuletzt die Verbesserung der Verbindungswege legten den Grundstein für den auch heute noch florierenden Bergtourismus in der gesamten Region Hinteres Zillertal. 1997 wurde die Berliner Hütte offiziell unter Denkmalschutz gestellt. Damit ist sie europaweit das einzige Schutzhaus, das je in den Rang eines Baudenkmals erhoben wurde.

Die Berliner Hütte liegt auf 2.042 Metern Seehöhe am Talschluss des Zemmgrundes im Naturpark Zillertaler Alpen.

Bereits 1875 zogen die Mitglieder der Sektion Berlin den Bau einer Hütte in Erwägung. Sie suchten einen Standort, der als Rast- und Ausgangspunkt für ausgedehnte Wanderungen dienen konnte, weshalb ihr Schutzhaus ursprünglich im Vermuntertal (Silvretta-Gebiet) entstehen sollte. Erst später entschied man sich für die Schwarzensteinalpe im Zillertal.

Von Februar bis September 1878 wurden die Baugenehmigungen beschafft, Holzschlagrechte erworben und der Rohbau der Hütte fertig gestellt. Ein aus Mayrhofen stammender Baumeister errichtete eine für die damalige Zeit typische Berghütte aus vor Ort zusammengetragenem Steinmaterial. Sie hatte eine Größe von 6×10 Metern und bestand aus je einem Schlafbereich für Frauen und Männer und einer Wohnküche. Die Räume waren durch Wände aus Zirbenbrettern unterteilt.

Am 28. Juli 1879 wurde die Berliner Hütte als erste Schutzhütte der Zillertaler Alpen eingeweiht und sie war bereits nach zwei Jahren schuldenfrei. 1882 erfolgte der Ausbau des ursprünglichen Almsteigs zu einem Saumpfad. Das brachte weiteres Publikum, weil nun das Gepäck mit Maultieren transportiert werden konnte. Der Besucherzuspruch war so rege, dass die Hütte ab 1883 von einem Pächter bewirtschaftet werden musste. Das hatte wiederum zur Folge, dass eine Erweiterung der noch kleinen Hütte unvermeidlich war.

„Dem Sturme Trutz, dem Wanderer Schutz“ – unter diesem Motto wurde 1885 der im rechten Winkel an den Bestand angefügte Trakt eingeweiht. Doch schon bald waren weitere Zubauten notwendig. In den Jahren 1888 und 1889 entstand ein Anbau für die Bergführer, die Küche und der Speiseraum wurden erweitert und das Hüttendach mit Holzschindeln gedeckt. Doch der Raumbedarf wuchs ständig weiter.

Also beschloss der Sektionsvorstand im Jahr 1890, die Hütte nunmehr grundlegend zu erweitern und erwarb zusätzlich 600 Quadratmeter Baugrund in der Umgebung. Bis 1892 entstand das dreigeschossige Logierhaus, dessen Grundfläche beinahe so groß war wie die aller bisherigen Bauten. Das neue Gebäude sollte den Quartierbedarf endgültig decken. Ein Laubengang verband das Logierhaus mit den bestehenden Bauteilen und wurde in der folgenden Zeit als Veranda mit Kegelbahn genutzt. Nicht zuletzt wurde der Komplex auch mit einer Toilette ausgestattet.

1895 erwarb die Sektion Berlin mit der östlich der Hütte gelegenen Schwarzsteinalpe weiteres Bauland, was den nächsten Ausbau des Schutzhauses zu „der“ Berliner Hütte ermöglichte: Schon die fünf Meter hohe Halle im Parterre wich von den Vorstellungen konventioneller Schutzhütten ab. Es entstand aber auch ein im Verhältnis zu seinem hochalpinen Standort prächtig ausgestatteter Speisesaal (Damensalon). Zusätzlich wurden eine Pächterwohnung, 27 Zimmer und ein Matratzenlager eingerichtet. Im selben Jahr erhielt die Hütte sogar einen Telefonanschluss, 1900 eine Dunkelkammer, 1906 auch ein eigenes Postamt und 1908 eine Schuhmacherwerkstatt. Bald machte sich aber erneut ein Mangel an Schlaf- und Speiseplätzen bemerkbar. Von 1909 bis 1910 erbaute man daher das so genannte Haupthaus als Verbindung zwischen Logierhaus und Damensalon. Dazu mussten erstmals ältere Bauteile abgetragen werden. Nach Abschluss dieser Arbeiten verfügte die Hütte über drei Speiseräume, 63 Zimmer mit 100 Betten und 20 Matratzenlager. Auch die Haustechnik wurde auf dem Niveau neuester Entwicklungen gehalten. Z.B. entstand schon 1910 das erste Wasserkraftwerk und ab 1913 erfolgte die Beheizung der Speisesäle sowie von zehn Zimmern.

Diese „luxuriösen“ Erweiterungen ließen die Berliner Hütte bis zum Ersten Weltkrieg – ganz im preußisch-wilhelminischen Sinne – zum Vorzeigeobjekt aller deutschen und österreichischen Alpenvereinshütten werden. So besteht die Berliner Hütte noch heute als ein Zeugnis aus der Zeit, in der sich das deutsche Kaiserreich und seine Hauptstadt Berlin gerne auch im Hochgebirge glanzvoll präsentierten. Möglicherweise ist es auf den exponierten Standort des Baudenkmals zurückzuführen, dass das Schutzhaus beide Weltkriege überdauerte.

Tipp:
Der Aufstieg zur Berliner Hütte von der Bushaltestelle am Gasthaus Breitlahner bei Ginzling, einem Ortsteil von Mayrhofen, durch den Zemmgrund dauert rund drei Stunden. Informationen: www.berlinerhütte.at.