In der Zwischenkriegszeit waren für die Stadt Innsbruck Baubeamte tätig, deren Planungen ein hohes baukünstlerisches Niveau erreichten. Unter ihnen ist Friedrich Konzert (1877-1964) zu erwähnen, auf den drei Badeanstalten zurückgehen, von denen zwei noch heute in Betrieb sind: das ehemalige Volksbad in der Badgasse (1913/1914, der Bau beherbergt heute das Innsbrucker Stadtarchiv/Stadtmuseum), das städtische Dampfbad (1926/1927) an der Ecke Salurnerstraße/Adamgasse sowie das Hallenbad (1928) in der Amraserstraße.
In architektonischer und funktionaler Hinsicht zählt das Dampfbad zu den bemerkenswertesten Bauten aus den späten 1920er-Jahren in Innsbruck. Heute noch lassen sich hier formschöne Detaillösungen – z.B. für Beleuchtungskörper und Glasfenster – finden, die in Bezug auf ihre handwerkliche Umsetzung höchsten qualitativen Ansprüchen genügen. Das städtische Dampfbad ist aber auch als kulturhistorisches Monument zu betrachten, weil es den Stellenwert des Badens in unserer Gesellschaft dokumentiert. Denn bis in die jüngere Vergangenheit waren Badeanstalten wichtige kommunale Anlagen, die nicht nur aus Gründen der Hygiene und der Volksgesundheit Bedeutung erlangten, sondern auch beliebte Kommunikationszentren waren.
Wahrscheinlich ist nur noch den wenigsten Innsbruckern bekannt, dass sich im Nebenhaus des Dampfbades schon früher eine Badeanstalt befunden hatte. Diese 1881 im Stil der Neorenaissance errichtete Dampf-, Wasch- und Badeanstalt (Salurnerstraße 4) wurde in den späten 1920er-Jahren geschlossen und 1930 zu einem Wohnhaus umgebaut. Das 1927 eröffnete Dampfbad (Salurnerstraße 6) war wohl als Ersatz für das in die Jahre gekommene Badehaus gedacht.
Das vier- bzw. fünfgeschossige Dampfbad verfügt in architektonischer Hinsicht über eine besonders markante Ecklösung. Um seinem Bau den Charakter eines öffentlichen Gebäudes zu verleihen und ihn aus dem geradlinigen Straßenverlauf optisch hervorzuheben, betonte Friedrich Konzert die Ecke mit einer Rundung bzw. einem turmartigen Bauteil. Zugleich erleichtert diese Art der Gestaltung die Orientierung im Straßenraum, denn an der gut sichtbaren Stelle wurden auch die Eingänge angelegt.
Über der Portalzone des Dampfbades befinden sich hochrechteckige Fenster mit Glasmalereien, die durch fächerartig auskragende Mauerteile voneinander getrennt sind. Die Zone mit den schlanken Fenstern schließt ein Gesims nach oben ab. Auf ihm wurde die Skulptur einer liegenden Frau mit Kind angebracht. Die Fenster der seitlich anschließenden Bauteile sind mit Blumen- und geometrischen Mustern aus Betonguss verziert.
Unter den Innenräumen sind das Foyer und die kleine Halle mit dem Bassin besonders hervorzuheben. Das Foyer wurde mit rotem Marmor verkleidet. Eine trapezförmig zulaufende Treppe weist den Besuchern den Weg zum ebenfalls aus rotem Marmor und Messing bestehenden Kassenpodest gegenüber dem Eingang. Die Seitenwände des Foyers werden von profilierten Gesimsen nach oben abgeschlossen. Die Deckenmitte ziert ein sternförmiges Stuckfeld, von dem ein Messinglüster herabhängt.
Besonders eindrucksvoll ist der Bassinraum, der ein an einer Seite abgerundetes Kaltwasserbecken und ein kreisförmiges Warmwasserbecken enthält. Die Wände und Pfeiler sind mit grünen Fliesen verkleidet. Ein Mosaikband mit Blütendekor befindet sich am Übergang zum Glasdach. Die einzelnen Glasteile dieses oberen Raumabschlusses sind zu einem reizvollen Sternenmuster zusammengefügt. Den nördlichen Raumabschluss bildet ein mehrteiliges Fenster, das mit Glasmalereien verziert wurde. U.a. sind eine Nixe und der griechische Meeresgott Triton zu sehen.
Schon in der Antike wurden große Thermenanlagen gebaut, die neben ihren der Hygiene und dem Wohlbefinden dienenden Funktionen auch wichtige Kommunikationszentren waren. Vor dem Hintergrund sich ständig verändernder Auffassungen über die Themen Reinlichkeit und Körperpflege wandelte sich im Lauf der Geschichte auch die Bedeutung der öffentlichen Badeanstalten. Die Blütezeit der öffentlichen Badekultur war im 12. und 13. Jahrhundert, doch die in den Badehäusern erhöhte Gefahr der Ausbreitung ansteckender Krankheiten führte dazu, dass immer mehr Bäder (zeitweise) geschlossen wurden (vor allem in Pest- und Kriegszeiten). Zur Zeit des Barock und Rokoko spielten Parfum und Puder bei der Körperpflege eine größere Rolle als Wasser. Das änderte sich erst wieder im Zeitalter der Aufklärung Ende des 18. Jahrhunderts, das ein Umdenken in Bezug auf Volksgesundheit und Vorsorgemedizin einleitete. Damals entstanden Volksbäder – in Wien liebevoll „Tröpferlbäder“ genannt -, darunter auch die 1881 eröffnete Dampf-, Wasch- und Badeanstalt in der Innsbrucker Salurnerstraße. Erst im 20. Jahrhundert ging man dazu über, in den Privatwohnungen Badezimmer einzurichten. Die jüngste Entwicklung auf dem Gebiet der Badekultur ist der so genannte „Wellnesstrend“, unter dessen Einfluss das Baden in öffentlichen Badeanstalten als Freizeitvergnügen und damit als wesentlicher Wirtschaftsfaktor Bedeutung erlangte.