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Wöchnerin, Fatschenkind und Hebamme – medizinische Versorgung für Mutter und Kind  (ab 1800)

Die Geburt eines Kindes war immer ein großes Ereignis. Einerseits wurde die soziale Stellung einer Frau innerhalb der dörflichen Frauengemeinschaft anerkannt, zum anderen waren Kinder vom ökonomischen Gesichtspunkt aus wichtig: sie trugen zum Einkommen der Familien bei und sollten später einmal die Eltern versorgen.

Da die Kinder- und Müttersterblichkeit – vor allem aus mangelnder Hygiene – bis weit in das 19. Jahrhundert sehr hoch war, bedeutete eine Geburt gleichzeitig auch immer ein nicht bestimmbares Risiko für das Leben von Mutter und Kind.

Beim durch Jahrhunderte üblichen traditionellen Ablauf der Entbindung als Hausgeburt fand sich eine Gemeinschaft von Frauen (Nachbarinnen, Freundinnen und Familienangehörige, Ahnen) zusammen, um die Gebärende zu unterstützen. Die Frauen übernahmen auch Aufgaben im Haushalt, bereiteten Speisen zu und betreuten die älteren Kinder. Die führende Rolle übernahm dabei die Hebamme (in Tirol ist diese Bezeichnung seit 1518 schriftlich belegt und ist eine Zusammensetzung aus dem althochdeutschen Wort „hefihanna“ = heben und Ahne und dem Wort „Amme“). Eingebettet in traditionellem Volksglauben und in Volksmedizin oblag ihr die Betreuung der Schwangeren, der Gebärenden und der Wöchnerin. Sie galt als Spezialistin der symbolischen Handlungen, die zum Schutz von Mutter und Kind nötig waren. Die Hebamme legte der Schwangeren beispielsweise bestimmte Kräuter unter das Kopfkissen, um Unheil fernzuhalten, sie gab der Gebärenden während der Geburt ein Amulett, das den guten Geburtsverlauf gewährleisten sollte. Es war auch ihre Aufgabe, im Falle einer für das Kind tödlich verlaufenen Geburt die Nottaufe durchzuführen, damit die Seele des Neugeborenen von der Erbsünde befreit in den Himmel aufgenommen werden konnte.

Hebammen besaßen medizinisches Wissen, das vor allem durch mündliche Überlieferung weitergegeben wurde, und eine große geburtshilfliche Erfahrung. Erst 1765 wurde unter der österreichischen Kaiserin Maria Theresia für alle Tiroler Hebammen eine Ausbildung verpflichtend. Männer waren in der Regel von der Geburt ausgeschlossen. Auch Ärzte (Bader) wurden nur bei Komplikationen zur Geburt gerufen, ihre Aufgabe war auf chirurgische Eingriffe beschränkt.

In der bildenden Kunst wird – vor allem bei Darstellungen der „Geburt Mariens“ sowie von Heiligen – der traditionelle Ablauf der Geburt oft detailreich illustriert. Ein Gemälde des 19. Jahrhunderts aus klösterlichem Besitz im Bezirk Schwaz zeigt Anna, die Mutter Mariens, als Wöchnerin im Bett liegend, umsorgt von zahlreichen Frauen, die einerseits die geschwächte Mutter betreuen und andererseits das Neugeborene versorgen, waschen und in Windeln legen. Dem Vater Joachim wird nur eine beobachtende Rolle vom Rand des Geschehens aus zugestanden.

Weite Verbreitung fanden Darstellungen mit Szenen aus dem Leben von Heiligen in Form von (Kupfer-)Stichen. Das hier vorgestellte Grafikblatt mit der Geburt des hl. Franz von Assisi stammt aus einem Lithografiezyklus nach einer um 1800 entstandenen Vorlage. In Anlehnung an die Geburt Christi wird der hl. Franz in einem Stall geboren, im Hintergrund bekommt die Mutter eine kräftige Suppe, während im Vordergrund die Helferinnen das Kind wickeln und bereits eine Wiege zur Aufnahme des Säuglings bereit steht.

Aufgrund der hohen Sterblichkeit von Mutter und Kind bei der Geburt befassen sich zahlreiche Votivbilder mit dieser Thematik. Sie sind als Dank für eine gute Geburt oder als Fürbitte für den tot geborenen oder verstorbenen Säugling gewidmet, um seine Aufnahme in den Himmel zu erbitten. Wie auf einer Votivtafel von 1839 ist oft eine Frau im Wochenbett abgebildet, die so genannte Wöchnerin (früher auch „Kindbetterin“). Am Tischchen neben ihrem Bett stehen Arzneien. Als Wochenbett bezeichnet man die Erholungszeit (sechs bis acht Wochen) für die Mutter von den Strapazen der Geburt. In dieser Zeit besteht das Risiko des Kindbettfiebers, einer bakteriellen Infektion, die zu Blutvergiftung und früher häufig zum Tod der Frau führte. Neben der Wöchnerin ist immer mindestens ein so genanntes „Fatschenkind“ dargestellt, ein mit Binden (lat. fascia = Binde, Wickelband) straff umwickeltes Kleinkind, das sich dadurch kaum bewegen konnte. Die Praxis, Babys zu faschen, damit sie keine „krummen Glieder“ bekommen, war bis ins 19. Jahrhundert üblich. Der Wöchnerin zur Seite stehen ihr Mann und ihre weiteren Kinder, die dem Gnadenbild der Mariahilf sowie den Heiligen Nikolaus und Martin für den positiven Ausgang der Geburt danken.